Wir haben uns ja nun schon an einiges gewöhnt. Vor allem an das Warten.

Peter Schwöbel, Januar 2021

Kosmische Kuriositäten.

Zweitausendeinundzwanzig. Die Jüngeren unter den Lesern mögen verzeihen, aber 2021: Das ist Science Fiction, nichts anderes. Während meine Mutter darum bemüht war, einen gesunden Sohn zur Welt zu bringen, hat mein Vater eilig den ersten Fernseher gekauft. Damit ich im Alter von ziemlich genau 8 Tagen die Mondlandung live verfolgen konnte. Das war sicher sehr gut gemeint von meinem Vater, aber ich fürchte, ich habe dem Ereignis nicht die angezeigte Aufmerksamkeit entgegengebracht.

Es gibt diesen Wunsch, wundersame Zusammenhänge zwischen Ereignissen in diesem Universum zu erkennen – vor allem, wenn man selbst irgendwie involviert ist. Die Reise des Menschen zum Mond hat aus kosmischer Sicht eher die Bedeutung des Sprungs eines Jungflohs und eine engere Verbindung zu Neil Armstrong herzustellen, als verdauend vor einem flimmernden Fernsehbild seine ersten Schritte auf dem Mond verpennt zu haben, ist mir bis heute nicht gelungen. Aber dennoch gehöre ich doch irgendwie zu „der“ Generation Raumfahrer. Zu unseren Lebzeiten wurde es ernst, Fähren und Station in der Schwerelosigkeit konnte man bald auch in Farbe bestaunen, inzwischen verdienen Unternehmen gutes Geld damit, anderer Leute Kram und Personal in den Orbit zu hieven.

Aber diese Zahlen: 2000, 2001, 2020, 2.1.2021. Das bleibt für mich Science Fiction. So schöne runde, glatte Zahlen …

Reality Check: Schon zur Jahrtausendwende vor über zwei Jahrzehnten ist die Welt überraschenderweise nicht untergegangen. Ich war immer noch nicht auf dem Mars. Und Ground Control ist im Januar 2021 die Küchenzeile, die mit Ihrem abendlichem Ruf den Home-Office-Schooling-E-Learning-Collaboration-Meeting-Conference-Power-Sofaing-Day beendet. Schneeregen in der Großstadt, Lockdown schärfer und länger, ich leg mich wieder hin.

Warten auf den Bus.

Ich fahre ganz gerne mit Bus und Bahn. Ein einfacher Grund ist, dass ich so wunderbar die Verantwortung für das Ankommen abgeben kann. Selbst am Steuer eines Fahrzeugs sitzend ist man ja permanent im Optimierungswahn und hat so viel zu tun: Strecken neu berechnen, üble Verkehrsteilnehmer beschimpfen, Wegelagerer abwehren, selbst Wehklagen über das vernachlässigte Straßennetz absetzen, es hört nie auf. Aber in einer Bahn sitzend muss ich das nicht tun. Hier bringe ich in aller Bescheidenheit mir unbekannten Menschen volles Vertrauen entgegen, dass sie auch ohne meine Expertise im Weichenstellen genau dies völlig in meinem Sinne tun.

So bekomme ich ein wenig Zeit geschenkt, meinen Gedanken nachzuhängen, aus dem Fenster zu schauen, nichts zu tun – weil es nichts zu tun gibt. Wenn man sich das freiwillig aussucht und nicht schon eine Stunde Verspätung hat, kann das ein echter Genuss sein.

Haltestellenunterhaltung.

Vielleicht macht es Sinn, das Surreale um uns herum einfach zu bestaunen und darauf zu vertrauen, dass unser Raumschiff nach Plan kommen wird, wir aber die Abfahrtszeit einfach noch nicht kennen? Schlaue Gedanken kann man sich jetzt ja reichlich machen. Ich lerne zum Beispiel gerade Schach – ja, auch ich habe Damen-Gambit gesehen. Schachspiele sind derzeit übrigens in Deutschland so gut wie ausverkauft – kannst Du dir auf dem Mond auch nicht besser ausdenken.

Statt immer genervter auf die Abfahrt zurück Richtung Offline zu warten, beschäftige ich mich inzwischen auch aus Lust und nicht nur mehr aus der Not mit Werkzeugen, die das Online angenehmer machen. So habe ich für mich die Plattform miro entdeckt, zu der ich jetzt sogar Workshops anbiete.

Und vor allem lasst uns das Umschauen nicht vergessen, the stars look very different today

Hinweis: Ganz viele Ders können auch Dies sein, ich habe das ausschließlich zur besseren Lesbarkeit vereinfacht.

Bild: © Adobe Stock

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