Peter Schwöbel, Januar 2022
Guten Morgen, Murmeltiere, Monster und Dämonen!
Wir schreiben das Jahr 3 A.C.1. Ich habe in den letzten Tagen oft auf diese Zahl gestarrt: 2022. Wo war denn 2021? Kurz nach Weihnachten hatte ich noch gescherzt, dass nichts in diesem 2021 passiert ist. Aber es ist unendlich viel passiert. Nur anders.
Bis hin zum krönenden Abschluss: Wir haben uns dabei erwischt, wie wir gegen 0.30 Uhr in der Silvesternacht von unserem formidablen Sofa aus (ein Traum in Violett mit unschlagbaren KPIs2 in den Kategorien Sitzfläche, Komfort, Fluffigkeit, und doch mit Halt in alle Richtungen) andächtig auf den Fernseher starren, weil wir nach dem Countdown und Konserven-Feuerwerk bei den „Top 40-Partysongs“ im Privatfernsehen hängen geblieben sind.
Hallo? Ich meine: Hallo?
Aber diesmal, genauer zum zweiten Mal, war es ja vernünftig: Zuhause bleiben, keine großen Menschenansammlungen. So sitzen wir also da, lässig mit unserem Schaumwein der gehobenen Mittelklasse in der Hand (die Top-Ware hat die Weihnachtstagen nicht überstanden), mopsig, zufrieden und mit einem leisen Lächeln auf den Lippen. Die ersten 10 Plätze waren übrigens gar nicht so schlecht. Nur anders.
Schnellanalyse (unwissenschaftlich)
A) Beobachtungen und Erkenntnisse aus der Silvesternacht:
- Das Sofa war eine Spitzenentscheidung.
- Ich saß mit der richtigen Frau auf dem Sofa, sehr angenehm.
- Essen und Getränke waren lecker und reichlich.
- Bin gut gelaunt ins Bett gegangen.
B) Offene Fragen nach der Silvesternacht:
- Woher hatten die Nachbarn das Feuerwerk?
- Werde ich zu alt zum Feiern?
- Bleibt das jetzt so?
- Was muss anders werden?
C) Aktueller Informationsstand zu B):
- Wahrscheinlich irrelevant.
- Ich glaube nicht, aber ich sollte das im Auge behalten.
- Uff … Murmeltier befragen?
- DAS ist eine sehr interessante Frage.
Ungekämmte Monster und Lösungsorientierung
Was muss denn nun dringend anders werden? Nun ja, ich würde gerne wieder einmal in einem zu vollen Club ein zu lautes Konzert hören, mich anstellen für ein Kölsch3 und die Bedienung über vier Köpfe anbrüllen. Hatte ich das schon immer auf meiner 10-schönste-Dinge-der-Welt-Liste? So nicht – die Zeiten ändern sich.
Kann ich die Sache mit dem Club beschleunigen, abgesehen davon, frisch „geboostert“ erst einmal den Ball flach zu halten? Offensichtlich nicht. Wird es wieder kommen? Da bin ich sicher. Aber das Monster bleibt noch ein Weilchen. Und es macht keinen Sinn, Energie in das Loswerden unliebsamer Monster zu stecken, die ich einfach nicht loswerden kann.
Also her mit den Monstern an den Tisch und fein gemacht. „Eine neue Frisur!“ Selten rational begründet scheint ein neuer Haarschnitt manchmal echte Probleme zu lösen. Das liegt wahrscheinlich daran, das der Rest schon gar nicht so schlecht ist. Den Kopf unter den Haaren können wir nicht nur nicht ändern, wir wollen es meist auch gar nicht – wir brauchen eher etwas frischen Wind um die Grauzellenaußenwand.
„Versuche nicht zu ändern, was nicht zu ändern ist.“ Hört sich einfach und vielleicht auch abgedroschen an, bleibt dennoch wahr. Schlau scheint, den Blick auf das zu richten, was schon gut und richtig im eigenen Leben ist. Und es sollte sichergestellt sein, dass es da auch bleibt.
Sofa, Partnerin, gutes Essen zum Beispiel (die Reihenfolge ist selbstredend falsch).
Aber jetzt mal im Ernst …
Eine elementare Grundlage für das systemische Coaching ist die Arbeit von Steve de Shazer und Insoo Kim Berg zur Lösungsorientierung. Die drei wichtigen Grundprinzipien4 kann man so formulieren:
- „Repariere nicht, was nicht kaputt ist!“
- „Finde heraus, was gut funktioniert und passt – und tu mehr davon!“
- „Wenn etwas trotz vieler Anstrengungen nicht gut genug funktioniert und passt – dann höre damit auf und versuche etwas anderes!“
Und das fügt sich doch alles ganz hervorragend: Schau auf das, was schon gut ist. Überlege, wie Du dies vielleicht noch ein kleines Stück besser machen kannst. Und verschwende Deine Energie nicht mit Dingen, die einfach nicht funktionieren.
Ich gehe jetzt nach Hause und auf das violette Sofa. Die Musik suche ich wieder selbst aus.
Erste Verbesserung 2022 umgesetzt – alles Gute für das neue Jahr!
1 A.C. – Anno Coronae
2 KPI – Key Performance Indicator
3 Kölsch – Helles, blankes und obergäriges Vollbier
4 Quelle und erste Information: Wikipedia
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Hinweis: Ganz viele Typen können auch Typinnen sein, ich habe das ausschließlich zur besseren Lesbarkeit vereinfacht.
Bilder: © Adobe Stock, Peter Schwöbel
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