Geht's schon los mit agil? Erst einmal am Mindset arbeiten ...
Erst einmal am Mindset arbeiten.

Der besondere Moment.

Alle paar Jahre passiert etwas bedeutungsvolles: Die Poster im Besprechungsraum in der Nähe der Büros der Geschäftsleitung werden ausgetauscht. Es gibt eigentlich nur drei mögliche Kategorien, in die sich die inhaltliche Ausgestaltung jener eingerahmten Schönheiten einteilen lässt – Kunst, die eigenen Produkte oder Schlaues. Fokussieren wir uns kurz auf das Schlaue: Meist handelt es sich dann um bedeutungsschwangere Sätze, deren Vokabular unmittelbar oder in sehr naher Zukunft wertvolle Punkte im Business-Bingo bringt.

Und so war es dann auch mit dem leicht weihevollen, aber auch süffisanten Lächeln dieses IT-Leiters, als er freudig und mit einer lässigen Handbewegung auf die vier äußerst geschmackvoll visualisierten Leitsätze des Agilen Manifests deutete: Meine Plakate, mein Wissen, meine Macht – jetzt Ihr, na?

„Ich weiß, …“

Schubladendenken gilt allgemein nicht als fein, aber es ist doch so wahnsinnig hilfreich – und daher lieben Berater Schubladen. Ich kann mich ebenfalls nicht davon freimachen und möchte anhand des konkreten Falles einige klassische „Wissenstypen“ beschreiben:

a) Der „Nicht-schon-wieder“-Typ: Ich weiß sicher, das geht nicht.

Ahnt mit klarem Blick und Verstand unheilvolles und zündet sofort das bewährte Geht-nicht-kann-nicht-also-bitte-Feuerwerk. Hat bisher immer funktioniert und schützt vor unnötigen Zusatzaufträgen (böse Gucken).

b) Der „Schneller-als-der-Wind“-Typ: Ich wusste es schon immer.

Scannt in Sekundenbruchteilen die wesentlichen Schlagworte und findet, dass er in der Vergangenheit ja schon immer darauf hingewiesen hat, dass die gesamte Organisation endlich mal so agil wie er werden müsste, er zudem fände, dass in der Tat viel zu viel Energie in Dokumentationen versenkt wird und fragt schließlich, wann er endlich so arbeiten darf wie er schon immer wollte (Gewinner-Lächeln).

c) Der „Wenig-ist-sehr-viel-mehr-als-nichts“-Typ: Ich weiß ja nicht genau, aber …

Sieht sich in der nächsten Kaffeepause ein maximal dreiminütiges, gut gemachtes Erklärvideo an und ist von da an stehenden Fußes in der Lage, jedem hilflosen Kollegen und jeder hilflosen Kollegin charmant und mit dem leicht koketten Unterton des „Ich weiß es ja auch nicht genau, aber …“ zu erklären, das Norden nun einmal oben auf der Karte zu finden ist (mitfühlendes Lächeln).

d) Der „Jetzt-aber-richtig“-Typ: Ich werde es alles wissen.

Kaum sind die neuen Poster-Schlagworte analysiert wird die präferierte Suchmaschine mit der Wortkombination „[Schlagwörter] + Workshop“ gefüttert und gleichzeitig die Intranet-Seite der Personalentwicklung geöffnet – nur um sicherzustellen, dass diese wieder einmal hinterher hinkt und nicht auf der Höhe der Zeit ist. Und was ist eigentlich mit einer vernünftigen Zertifizierung und einer neuen Stabsstelle (entschiedener Blick)?

Aber geht’s denn jetzt los?

Da ist viel Un- und Halbwissen im Geschäftsuniversum verbreitet. Man könnte meinen, Agilität hat sich als „Buzzword“ schon abgenutzt. Aber immer wieder überraschend hat es das nicht. Und oft fehlt immer noch das Verständnis, was eigentlich mit Agilität im unternehmerischen Kontext überhaupt gemeint ist.

Inzwischen ist es doch so, dass Führungskräfte sich gar nicht mehr trauen, irgendetwas zu Ihrem eigenen Unternehmen zu erzählen, ohne nicht alle paar Sätze das Wort Agilität in den Mund zu nehmen. Eine interessante Einordnung dazu findet sich in diesem Artikel in meinem Lieblingswirtschaftsmagazin brand eins.

Nun wäre es wirklich schön und hilfreich, wenn diese Führungskräfte sich selbst inhaltlich gut aufstellen und auch Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitnehmen würden – da gibt es ganz sicher noch einiges zu tun.

Der Autor dieser Zeilen hat sich übrigens schlussendlich auch auf seinen Weg durch die vier Wissenden-Kategorien gemacht und ist bei seinem favorisierten Weiterbildungsinstitut und der zugehörigen Zertifizierung gelandet.

Also wenn Du Fragen hast, frag mich – ich bin jetzt Typ d) – und total agil. 🤓

Hinweis: Ganz viele Typen können auch Typinnen sein, ich habe das ausschließlich zur besseren Lesbarkeit vereinfacht.

Bild: © Adobe Stock

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